
Baby Bauz
1910/11 Käthe-Kruse-Puppe von Kämmer Reinhardt, Waltershausen Käthe-Kruse-Puppen-Museum / Sammlung Riemersma Inv. Nr. 1.01.02
Die Puppe ist vom 11.02. bis 24.02. mit ausführlicher Beschreibung in der Dauerausstellung zu sehen.
Mit unerwartet großem Erfolg präsentierte Käthe Kruse ihre Puppen erstmals vom 08. bis 29. Oktober 1910 in der Ausstellung „Spielzeug aus eigener Hand“ im Berliner Warenhaus von Hermann Tietz. Diese Möglichkeit war für Käthe Kruse eine Herausforderung, weil sie mit den bisherigen Ergebnissen gar nicht zufrieden war. Besonders die Ausformung der Nasen wollte ihr nicht gelingen, denn auch die Köpfe waren aus Stoff. Um den wenig flexiblen Nesselstoff in eine runde Form zu bringen, waren viele Nähte notwendig, die sich bei frühen Puppen unter der Bemalung abzeichnen. Ihr Ehemann, der erfinderische Bildhauer Max Kruse half dabei und entwickelte schließlich eine Maschine, den Balancier, um in gusseisernen Formen die Gesichtsmasken zu prägen. So konnte die plastische Vorlage eines Puttenkopfes des flämischen Renaissancekünstlers Francois Duquesnoy (1597 – 1653) schließlich in Stoff umgesetzt werden. Noch vor Beginn der Ausstellung ließ Max Kruse die Puppe seiner Frau patentieren.
Durch die Präsentation im Warenhaus Hermann Tietz wurden viele Gäste auf die Puppen von Käthe Kruse aufmerksam und wollten für ihre Kinder eine Puppe bestellen. Auf eine umfangreichere serielle Produktion aber war Käthe Kruse nicht vorbereitet. Schließlich kam der Kontakt zu dem Puppenhersteller Kämmer & Reinhardt aus Waltershausen zustande, der in den Jahren zuvor bereits erfolgreich mit dem Bildhauer Arthur Lewin-Funcke zusammengearbeitet. Der Künstler hatte mehrere Puppenköpfe entworfen und betrieb eine private Kunstschule, in der Max Kruse zeitweise die Bildhauerklasse betreute. Man kannte sich also und es ist davon auszugehen, dass die Kruses auch von der Kooperation wussten. Bereits am 29.12.1910 wurde ein Lizenzvertrag mit Kämmer & Reinhardt geschlossen, der für Käthe Kruse finanziell sehr vorteilhaft war. Mitarbeiterinnen des Puppenherstellers kamen zu Käthe Kruse um die Herstellungsweise zu erlernen, zeigten sich offenbar aber wenig interessiert, wie die Puppenkünstlerin in ihrer Autobiografie „Das große Puppenspiel“ viele Jahre später beschrieb.
Kämmer & Reinhardt begann in Absprache mit Käthe Kruse mit der Produktion, konnte aber nicht den gewünschten Erfolg erzielen. Außerdem zeigte sich Käthe Kruse wenig begeistert von dem Ergebnis: „Man schickte sie mir zur Begutachtung. Schön waren sie nicht! Sie waren blau-rosa, als stünden sie im Freien und froren erbärmlich. Die Körper waren breit und ungefüge. Sie sahen aus wie aufgepumpte Flundern (…) Und auf den bläulich gefrorenen dicken Körpern, auf einem langen dünnen Hals gräßlich semmelblonde schmale Köpfe mit knallblauen Augen!“
(Das große Puppenspiel, 2. Aufl. 1996, S. 93)
Nicht mal ein Jahr später gab die Firma Kämmer & Reinhardt das Urheber- und Fabrikationsrecht an Käthe Kruse zurück. Ein Streitpunkt war auch, dass Käthe Kruse trotz des Lizenzvertrages selbst Puppen fertigte und an Endkunden verkaufte. So entschied sich Käthe Kruse, die Produktion selbst zu organisieren und begann in der Wohnung im Künstlerhaus St. Lukas mit der Herstellung ihrer Puppen, die inzwischen weltweites Interesse gefunden hatten und bereits 1911 Preise bei Ausstellungen in Breslau Frankfurt und Florenz erhielt.
